top of page

Cabaret Voltaire, bring uns die alten Reaktionäre von 1916!​

​Alter und Akademische Titel sind glücklicherweise nicht synonym für Reife und Wissen. Daran sollten wir uns alle immer wieder erinnern. Die Gesellschaft nimmt uns mit dem Erwachsen-werden die Fähigkeit, das Alltägliche zu hinterfragen. Das Akzeptieren wird Routine und die Routine führt zur Verkümmerung bzw. zum Schrumpfen. Aber es gibt manche, die es schaffen, die Neugier wach zu halten. Sie gehen brav zu Vorträgen von der UZH (Universität Zürich). So wie ich, richtig? Oder wollen wir nur unsre Status zum Kunstkonsumenten pflegen? Ich bin froh, zu solchen Vorträgen zu gehen, da ich danach Lern-motivierter bin als nach einem TED Vortrag von Youtube. Aber nicht, weil der Vortrag gut war. Nein. Weil er schlecht war und vor allem, weil meine Argumente nicht erleuchtend genug waren, um die Passivität des Publikums gegenüber so einem oberflächlichen egozentrischen Trip von Prof. Ingrid Wildi Merino zu ändern. Shame on her, aber mehr noch, shame on me! Die Selbst-Empörung macht micht fleissig:Es fing eigentlich gut an mit Prof. Dr. Philip Ursprung: Eine gut aufgebaute Einführung rund um den Film „Alphaville“. Er beschrieb den Film, die Gedanken dahinter und was man daraus interpretieren kann. Wo - rund um die Komplexität der Stadt - unser Verständnis anfängt und wo es aufhört – Offene Fragen, Zweifel, Erfahrungen… Philosophie, oder anders ausgedrückt: „Liebe zur Weisheit“.

Danach kam die Werbemaßnahme der eingeladenen Professorin der Haute École d‘Art et de Design Genève. Wie toll ihre Methode war, durch ein neues Konzept namens Video-Interviews und lang gezogene Szenen der Stadt Arica in Chile! (ja, Ironie) Man sah einen Teil von zwei ihrer sehr simplen gedrehten Filme, wo (drei) verschiedene Menschen jeweils etwas über die Stadt Arica in Chile, sagten. Anscheinend liefen drei Filme parallel in einer Installation in verschiedenen Kunstausstellungen. Einfach banal und inhaltsschwach. Solche Installationen kennt man von fast allen Museen und Ausstellungen. Man findet sie nett und läuft weiter, in der Hoffnung, Kunst zu finden. Schulkinder machen solche Videos fast täglich beispielsweise als Hausaufgabe für das Fach Erdkunde - und das ohne das Budget einer Professorin in Genf!Aber das ist nur eine Nebensache. Eigentlich sollte danach eine Diskussion um Fragen wie „Wie funktionieren Städte in der Wissensgesellschaft?“,„Wie kann man die Stadt heute denken?“ usw. kommen. Kam aber nicht. Stattdessen babbelten alle über diese asynchronen Videos. (Eher Interviews mit Urlaubsshots!) Dafür sollte man Reporter vom National Geographic einladen oder Neoliberalistische Historiker. Die hätten sicherlich mehr zu diskutieren über Arica. Oder echte Videokünstler, die die Technik beherrschen, wie z. B. jemanden von Watchout (wenn man schon mal von asynchronen Videos redet).Im Gegensatz zum Prof. Ursprung, der interessiert an der Thematik „Wissen der Städte“ war, suchte Frau Merino nach Annerkennung. Aber sicher, sie ist eine Künstlerin. Hungrig nach Status. Sind wir das nicht alle? Aber sie ist eine, die sich dessen überraschenderweise nicht bewusst ist, als ich sie danach gefragt hatte. Ich empfehle ihr hiermit die Schriften von Steven Pinker (der mit der schönen Frisur) über Kunst, obwohl ich jünger als sie bin und nicht so reif.Alle in dem Raum machten das Kultspiel mit. Wo ist die Diskussion über das Wissen der Städte? Wo blieben die Kritiken? Wo die Leidenschaft an tieferen Fragen? Wer auf der Bühne steht (oder sitzt) muss seine Begabung beweisen. Die Akzeptanz in den unbesorgten Gesichtern des Publikums wurde mir plötzlich bewusst, als Prof. Merino den folgenden widersprüchlichen Aphorismus sprach: „Ich mache Kunst nicht für Experten, ich mache es für die Leute“. Hier dann meine Antwort: "Wenn zwei Menschen immer wieder die gleichen Ansichten haben, ist einer von ihnen überflüssig." (W. Churchill)Cabaret Voltaire, bring uns bitte die alten Reaktionäre von 1916! Wir wollen zu Vorträgen der UZH gehen, um die Verknüpfungen unserer Gehirnzellen anzuschalten. Zum Verkümmern reicht unser Schulbildungssystem. Pedro Aibéo 27/09/2012

Other articles:
bottom of page